Es blüht für Mauerbienen, Bläulinge und Distelfinken Am Dienstag, 27. Juni 2023, trafen sich sieben der insgesamt 15 Kommunen, die 2022 am NABU-Projekt „Natur nah dran“ teilgenommen hatten, in Gammertingen. Gemeinsam begutachteten und pflegten sie bei einem Workshop die Blühflächen, die sie im September 2022 mit Wildstauden und -blumen bepflanzt hatten. Unter Anleitung des Naturgartenplaners Dr. Reinhard Witt unterschieden die knapp 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welche Jungpflanzen der im Vorjahr eingebrachten Arten bereits auf den Flächen zu sehen sind. Einige weniger erwünschte Arten wie Gänsedistel und Ackerwinde, die die Fläche schnell zu überwuchern drohen und deren Samen sich noch im Boden befunden hatten, wurden entfernt. So haben die zum Teil noch kleinen Wildblumen und -stauden Platz und Licht, um zu wachsen.
„Die im Projekt angelegten Biotope benötigen anfangs etwas Geduld und Pflege, um sich zu entwickeln. Interessant ist auch, dass sie sich im Laufe der ersten Jahre immer weiter verändern“, erklärt Martin Klatt vom NABU Baden-Württemberg. Blühen beispielsweise im ersten Jahr noch viele einjährige Pflanzen wie Mohn oder Wegerich-Natternkopf, etabliert sich über die Jahre eine stabile Pflanzengemeinschaft mit mehrjährigen Arten. Das macht die Flächen als Lebensraum so attraktiv für viele Insekten und andere Tiere. In den kommenden Jahren werden Arten emporwachsen, die noch im Boden schlummern. Andere sind schon jetzt zu entdecken, aber noch sehr klein: „Wer genau hinschaut, findet die Jungpflanzen vieler eingesäter Arten wie der Moschusmalve am Boden. Damit diese in den nächsten Wochen noch wachsen und blühen können, müssen die Kommunen an manchen Flächen mähen. Nur dann bekommen die jungen Pflanzen genügend Licht. Auch die abgemähten konnten meist schon Samen bilden und werden in den nächsten Wochen und Jahren nochmal blühen“, erläutert Martin Klatt zur Pflege.
Die Teilnehmenden erhielten bei der Veranstaltung viele Anregungen und Tipps, wie die Wildblumenwiesen und Wildstaudenflächen dauerhaft gepflegt werden und wie mit eventuellen anfänglichen Schwierigkeiten umgegangen werden kann. Zu Gast in Gammertingen waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grünflächenämter, Stadtgärtnereien und Bauhöfe aus sechs der insgesamt 15 in 2022 für „Natur nah dran“ ausgewählten Kommunen. Das sind: Freiamt, Hohentengen, Riedlingen-Daugendorf, Riegel am Kaiserstuhl, Sinzheim und Stockach.
Wildbienen summen mitten in Gammertingen
„Besonders erfreulich ist, dass wir in Gammertingen schon mehrjährige Wildpflanzen wie Färberkamille oder Weinbergs-Lauch sehen konnten, an denen nicht nur Honigbienen Nahrung finden, sondern auch die anspruchsvolleren Wildbienen“ sagt Martin Klatt. „Das ist besonders wichtig, denn von den rund 460 Wildbienenarten in Baden-Württemberg sind über die Hälfte in ihrem Bestand gefährdet. Da leisten Flächen wie die mit ‚Natur nah dran‘ angelegten einen wertvollen Beitrag, um die wichtigen Bestäuber zu schützen.“
Die Teilnehmenden konnten in Gammertingen gemeinsam die Pflanzen anfassen, riechen und entscheiden, ob sie entfernt werden müssen oder die Fläche bereichern. Diese praxisnahe Erfahrung hilft den Mitarbeiterinnen und -mitarbeitern der Kommunen, die „Natur nah dran“-Flächen langfristig zu pflegen. Denn die Projektflächen mit mehrjährigen Pflanzenarten sind nachhaltig angelegt und müssen anders als Wechselflor-Flächen nicht jedes Jahr neu bepflanzt werden. Umso wichtiger ist das Fachwissen, wie sich Gemeinschaften heimischer Wildpflanzen pflegen lassen. Die Schulungen sind deshalb ein zentraler Teil des Projekts „Natur nah dran“.